SLAVES
In Zeiten, in denen der ursprünglich stark politisch geprägte Punk immer mehr zum Pop- und Modephänomen wird, ist die kantige und angriffslustige Inkarnation dieses Stils, den die Slaves anbieten, eine regelrechte Wohltat. Für das Duo bedeutet Punkmusik eine Rückkehr zu den Wurzeln des Genres, zu kurzen, knackigen Songs mit hymnischen Refrains und gesellschaftlich bedeutenden Inhalten. 2012 gegründet, konnten die Slaves aus Turnbridge Wells in der Grafschaft Kent zügig zahlreiche prominente Freunde gewinnen, darunter Jamie T sowie Interpol, die das Duo mit auf Tournee nahmen, oder The Libertines, mit denen die Slaves2015die Konzertbühnen teilen. Die Band, die auch auf der bedeutenden Liste „BBC Sound of 2015“ notiert war und bereits mit ihrem Debütalbum „Are You Satisfied?“ bis auf Platz 8 der UK-Charts kletterte, kündigte für den 17. August die Veröffentlichung ihres dritten Albums „Acts of Fear and Love“an. Gleich darauf geht es auf Tournee, die sie zwischen dem 21. Oktober und dem 4. November für vier Konzerte in Berlin, Hamburg, München und Köln nach Deutschland führt.
Die Nation ist im Eimer – aber Hauptsache, wir sind bereit für die nächste Party: Unter diesem durchaus sarkastisch zu verstehenden Motto stehen viele der lyrischen Ansätze in den pointierten Songs der Slaves. Mit einem feinen Sinn für britisch-schwarzen Humor nehmen sie sich selbst von dieser Oberflächlichkeit nicht aus, sondern betrachten sich als Teil dieser Kultur – um sie von innen heraus zu sezieren. Dies aber nicht mit dem für Polit-Punk gewohnten erhobenen Zeigefinger, sondern mit einer Cleverness und subtilen Angriffslust, die sich im Songwriting in gleicher Weise widerspiegelt. Mit dem Fazit: Dass Punk zu Pop wurde, lässt sich nicht mehr ändern. Dass dieser neue Pop aber gehaltlos ist, durchaus. Und ja: Man darf ruhig die Hüften bewegen und eine gute Zeit haben, muss deswegen das Nachdenken aber nicht völlig einstellen. Slaves machen damit eben zeitgemäßen Gesellschafts- statt Polit-Punk.
Es dürfte Laurie Vincent (Gitarre, Gesang) und Isaac Holman (Drums, Gesang) bei ihrer Suche nach dem optimalen Ansatz zwischen Popkultur, Gesellschaftskritik und einem ureigenen Indie-Gefühl sicher geholfen haben, dass jene abseits der großen Hipster-Zentren wie London oder Manchester geschah. Ganz auf sich selbst gestellt, konnten sie unbeeinflusst von jeder Szene ein eigenes Konzept entwickeln, das sich als ebenso kommerziell wie gesellschaftlich tragfähig erweist. Wie sehr, zeigte das Feedback auf ihre ersten beiden Alben „Are You Satisfied?“ und „Take Control“, die auf Anhieb beide in die Top 10 der UK-Charts stiegen.
Ihre weltweiten Konzerte wurden frenetisch von Fans wie Feuilletonisten gefeiert und gelten als regelrechte Messen von zeitgemäßem Punk mit Hirn und Hüftschwung. Laurie Vincent erklärte dazu: „Was für einen Grund sollte es geben, eine Show zu spielen, wenn nicht den, dass man bei jedem Zuschauer einen bleibenden Eindruck hinterlässt?“ Das alles dürfte an Intensität noch zunehmen, wenn die Slaves künftig auch die Songs ihres dritten Albums „Acts of Fear and Love“ live darbieten. Auch auf diesem Werk geht es wüst und ungezügelt zu, ein schwarzhumoriges, angriffslustiges Biest von einer Platte.