Do
11
Dezember
2014
19:00
Einlass
20:00
Start
Loft Concerts
präsentiert
Do
11.12.
19:00
Einlass
20:00
Start

NIELS FREVERT & BAND

+ DESIREE KLAEUKENS PARADIES DER GEFÄLSCHTEN DINGE TOUR 2014
Konzert
19,00 €
Vorverkauf
+ Geb
Tickets

DESIREE KLAEUKENS

Der Wagen steht quer auf der Autobahn, der Schlüssel steckt. Desiree Klaeukens kniet daneben und sagt: "Ich hab sie alle erwischt, glaube ich, wenn nicht, du hast ja meine Nummer." Dann schiebt sie den Holzpflock unter den schwarzen Mantel, wischt sich den Schweiß von der Stirn, zieht die Mütze drüber und fährt nach Hause. Auf dem Rücksitz die verschrammte Gitarre, die Waffe, wenn sonst nichts hilft.

Ich steh immer noch draußen im Niemandsland. Es wird Nacht. In der Ferne leuchtet das Bayer-Kreuz. Ich hab Desis Lieder bei mir. "Was ich jetzt denke, willst du wissen. Was ich weiß, verrate ich nicht." Dabei hat sie viel, sehr schnell fast alles verraten, als wir zusammen unterwegs waren.

Dass sie damals unweit von hier Autos zusammengeschraubt und nach sieben Jahren den Goldklumpen gegen eine Gitarre getauscht hat. Wie sie später Post ausfuhr, während Neil Young ihr vorsang: "I gotta get away from this day-to- day running around. Everybody knows this is nowhere." Wie sie beschloss, nur noch Musik zu machen.

Und wie sie schließlich mit ihrem Debüt, das sie in Hamburg mit einer Band, die atemberaubend schön fast nichts spielt, aufnahm, ein neues Haus im Land der Lieder gebaut hat. Neu, weil ernster in der Verzweiflung und klarer in der Hoffnung. Keine Vorhänge, nur Licht. Keine Heizung, nur Feuer.

(Francesco Wilking)

NIELS FREVERT & BAND

Menschen, Lieder, Sensationen: Nach nur drei Jahren Warten erscheint dieser Tage ein neues Album von Niels Frevert. Der Typ, der nie übt, aber für das Verfassen seiner Texte mindestens so lange braucht, wie ein Eichhörnchen für eine Erdumrundung, hat sich sozusagen selbst übertroffen. Man kann von einem Schaffensrausch reden. Sie halten das Ergebnis in den Händen. Hören Sie nun, bitte, bevor Sie weiterlesen, die ersten drei, sechs oder zehn Lieder dieses Musikalbums.......

Wischen Sie sich jetzt das Wasser aus dem Gesicht, sammeln Sie sich, atmen Sie ausführlich aus; die Wärme kommt von innen. Sollten Sie hingegen nichts dergleichen spüren, sind Sie vermutlich tot. Jedenfalls heißt Niels Freverts neues Album „Zettel auf dem Boden“. Gemeint sind jene Papierchen, die Menschen mit Nachrichten versehen und für ihre Lieben in der Wohnung liegen lassen, auf dem Boden, auf dem Tisch oder dem Kopfkissen. Hinter jedem dieser Zettel steckt eine Geschichte, und wenn man so will, ist jedes Lied auf dem neuen, vierten Album des Hamburger Musikers ein Zettel, eine Geschichte, eine Nachricht an den Hörer. Weniger verliebt formuliert: Frevert singt kaum noch über Innenansichten und Introspektives; sein Blick geht nach draußen in die Welt und die Leben der Leute. Exemplarisch dafür und beinahe wie eine Inhaltsangabe für das ganze Album ist der erste Song: „Schlangenlinien“. Eine Art Suite, in der Musik, Text und Gesang derart meisterhaft miteinander verwoben sind, dass man tatsächlich meint, Schlangenlinien zu fahren. Für Sekunden glaubt man gar zu schweben, oder nicht?

Herr Frevert und seine Musiker haben ihr Können ganz behutsam auf eine neue Ebene gehoben. Das Herz jedes Liedes bilden Akustikgitarre und Klavier, die Basis besteht aus Bass und Schlagzeug, und das alles wurde live eingespielt, elegant veredelt mit Streichern, Vibraphon, Bläsern, Akkordeon und Chören. So klingt das, wenn Fertigkeit, Selbstvertrauen und Gelassenheit zusammenkommen. Hier will niemand irgendwem irgendwas beweisen. Hier ist alles Musik, Herzlichkeit und Poesie ohne Pose. Wie schon auf dem hoch gelobten Vorgängeralbum „Du kannst mich an der Ecke rauslassen“, besteht die Gang um Frevert aus Stephan Gade (Bass und mit Frevert Produzent der Platte), Tim Lorenz (Schlagzeug), Stefan Will (Piano), Dinesh Ketelsen (Aufnahme) und Peter Schmidt (Mischung). Hinzu gesellen sich Gastmusiker wie Martin Wenk von Calexico (Flügelhorn), Gisbert zu Knyphausen und Nils Koppruch (Chor). Und wie nennt man das jetzt, was die da gemacht haben? Chanson? Pop und Poesie? Ist ja auch egal. Ein Herman-van-Veen-Cover ist übrigens auch dabei.

Abschließend bleibt zu sagen, dass das neue Album von Niels Frevert jedem feinfühligen Menschen noch intensivere Glücksgefühle bescheren dürfte, als die Alben davor. Während die immer größer werdende Meute deutsch singender Gefühlsduselanten auf Allgemeinplätzen und mit einfachsten lyrischen Mitteln die emotionalen Erwartungshaltungen des Volkes bedient, ist der Typ aus Hamburg wie immer schon viel weiter. Seine klare Sprache macht Welten auf, seine Musik ist eine Umarmung. Oder noch verliebter formuliert: Scout Frevert reitet wieder. In den Sonnenaufgang. Ganz entspannt, schneller als der Schall.
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